Kurzarbeit und die Folgen für mich und mein Umfeld

Heute möchte ich mich einfach mal über ein Thema auskotzen das eigentlich nichts mit meinem Blog-Thema zu tun hat aber für viele von uns momentan allgegenwärtig ist. Kurzarbeit betrifft momentan im Landkreis Lörrach über 45 000 Menschen.

Nach dem Shut-Down im März/April, als ich und meine Kollegen auf Kurzarbeit 0 waren, ging es dann ab Mai fast wieder in die normalen Arbeitszeiten. Mehr dazu unter “Der Laden ist zu” und “was ich so mache”. Viele andere Firmen konnten jedoch erst viel später und nur eingeschränkt arbeiten. Die meisten begannen danach gleich mit Kurzarbeit.

Mich persönlich betrifft die Kurzarbeit erst seit 1.8…. dann wenn andere Brachen langsam wieder anfangen normal zu arbeiten fahren wir herunter. Wir in der Filiale in Lörrach haben dabei echt noch Glück, denn wir müssen nur 15% weniger arbeiten. In anderen Städten müssen die Kollegen teilweise 20 der 30% herunterfahren. Und das mitten in der Urlaubszeit!

Klar für einen Warenhauskonzert sind die Sommermonate normalerweise die ruhigsten und umsatzschwächsten. Aber dieses Jahr ist irgendwie nichts mehr normal… Dieses Jahr zieht sich die Flaute schon seit März dahin…

Meine Kollegen und ich kämpfen momentan täglich um jeden Euro Umsatz und erreichen nur selten die Zahlen anderer Jahre. Und deshalb jetzt die Kurzarbeit um den Verlust etwas aufzufangen…

Kürzer arbeiten aber gleich viel Leistung bringen?

Aber ich finde das ist genau das falsche Signal an unsere Kunden. An die Kunden die trotz allem in den Laden gehen und nicht online kaufen. Die Leute kommen zu uns weil sie in einem Ladengeschäft Beratung und menschliche Ansprache bekommen. Denn gerade letztere ist seit der Corona-Isolation immer wichtiger geworden. Und wir Verkäufer sind weniger, weil wir Kurzarbeit machen müssen…

In meinem Fall bedeutet das: Ich arbeite täglich nicht 8 der 8,5 Stunden sondern nur 7. Das klingt als sei das eine Erleichterung und bedeutet mehr Freizeit… Außerdem dürfen wir keine Überstunden machen, müssen also exakt pünktlich gehen, dürfen nicht kürzer Pause machen oder länger bleiben. Alles muss innerhalb unserer Arbeitszeit fertig werden.

Aber die Realität sieht anders aus ! Meine Arbeitskollegen arbeiten ja auch alle weniger… Außerdem haben wir eine Kollegin die schwanger ist und wurde komplett frei gestellt. (weil die Firmenleitung Angst hat was passieren würde wenn Kunden sie mit Corona anstecken). Also bin ich dann wenn ich arbeite alleine eingeteilt.

Alleine auf dem Stockwerk… das waren wir früher auch hin und wieder, morgens vor 11 Uhr oder abends nach 18 Uhr… oder wenn die Kollegin gerade zur Pause, in einer Schulung oder sonst wo ist. Das waren aber immer nur kurze Zeitabschnitte und komplizierte oder aufwändigere Dinge konnte man dann auf später verschieben.

Das geht seit 1. August nicht mehr. Ich bin einfach entweder nicht da, oder allein. Sprich ich muss jede Minute meiner Arbeitszeit so etwa 110% meiner Leistung bringen.

Nicht das ich ein Problem damit habe meine Arbeit schnell und effektiv zu erledigen. Auch das mehrere Dinge gleichzeitig und möglichst schnell zu erledigen gelingt mir oft (aber nicht immer!)

Aber nun achtet bei dieser Rechnung doch mal darauf das ich doch eigentlich mit Menschen arbeite! Mit Menschen die zu mir in den Laden kommen weil sie eben nicht online bestellen wollen. Die Fragen stellen wollen, die beraten werden wollen! Die in ein Warenhaus gehen um auch mal von ungeplanten Dingen begeistert und verführt werden wollen.

Die Kunden die zu uns kommen sind unter Umständen die letzten Wochen viel alleine gewesen und möchten reden, sie sind vielleicht einsam, verunsichter oder ängstlich. Gerade ältere Kundinnen erschrecken sehr wenn ich sie bitten muss etwas mehr Abstand zu halten oder ihnen sagen muss das irgendwas nicht lieferbar oder möglich ist “wegen Corona”

Wenn ich permanent schnell schnell machen muss, und ständig im Hinterkopf den Druck habe: “was ich nicht in den 7 Stunden Arbeitszeit erledigt kriege macht keiner”, glaubt ihr da kann ich wirklich geduldig, freundlich und entspannt auf alle Fragen und Einwände der Kunden eingehen ???

Hinzu kommt noch ein weiterer Stressmoment: Nach wie vor muss ich leider sehr oft den Kunden erklären das eine gewünschte Ware nicht da ist. Baumwollstoffe und Gummiband werden immer noch viel mehr als sonst gekauft und sind deshalb sehr oft ausverkauft. Es ist zwar nicht mehr so das nix nach kommt, aber das was kommt reicht einfach nicht für die erhöhte Nachfrage. Und die Frage “wann bekommen Sie das wieder?” kann ich seit diesem Frühjahr nicht mehr beantworten!! Denn ganz vieles funktioniert nicht mehr normal. Ganz mühsam sind dann die Fragen “Wieso?”… ääähm

Folglich brauche ich mehr Zeit und Energie (und viele Worte) um den Leuten das zu erklären.

Nebenbemerkung:

Logischerweise arbeite ich mit Mund-Nasen-Bedeckung… damit muss ich lauter und deutlicher sprechen als ohne, und ich rede im laufe der 7 Stunden alleine mehr als wenn ich sonst 8,5 Stunden zu zweit wäre… kann sich da jemand vorstellen das das auch anstrengender ist als normal?

Gott sei Dank haben wir nun erfahren das unsere Kurzarbeit zum 1.10. endet und wir dann endlich wieder normal arbeiten dürfen.

2 Gedanken zu „Kurzarbeit und die Folgen für mich und mein Umfeld

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