Heute möchte ich Euch kurz berichten wie ich die Unwetter-Situation in Lörrach wahr genommen habe und welche Rolle die Sozialen Netzwerke in so einer Situation spielen.
Was ich hier nicht tun werde ist eine vollständige und korrekte Berichterstattung was tatsächlich passiert ist. Sondern ich gebe einfach nur mein persönliches Empfinden wieder.
Beunruhigende Nachrichten vom Donnerstag
Am Donnerstag hatte ich frei und war sogar mit dem Fahrrad unterwegs und bin dabei nicht nass geworden. Das Wetter sah die ganze Zeit ziemlich bedrohlich aus, und es hat auch paarmal stark geregnet. Aber wirklich schlimm war es hier nicht.
Die Nachrichten aus den Katastrophengebieten habe ich verfolgt, ich habe mir am Abend sogar eine ZDF-Sondersendung angeguckt. Was mir bei der ganzen Sache am meisten Angst machte war der Umstand das das Unwetter ja in so einem großen Gebiet gewütet hat. Die Ortschaften die es am schlimmsten getroffen hat liegen ja eigentlich nicht sehr nah beieinander.
Kenne ich jemand der betroffen ist?
Ja! Eine Freundin in der Nähe von Bonn hat seit über 48 Stunden keinen Strom und wurde aufgefordert die Wohnung nicht zu verlassen, weil viele Straßen unpassierbar sind.
Per Whatsapp habe ich ihr Hilfe angeboten… aber äääh… wie soll ich ihr von hier aus helfen können? Ich kann weder hin fahren, noch kann sie zu mir flüchten. Und irgendwelche Dinge die sie benötigt per Paket schicken bringt vermutlich auch nichts.
Wir hatten Glück
Gestern Morgen auf der Arbeit war das Gesprächsthema Nummer eins das Wetter. Aber ich antwortete jedes Mal “ach wir haben doch noch Glück, bei uns ist es nicht so schlimm”
Soweit ich mitbekommen habe konnten alle Arbeitskollegen pünktlich bei der Arbeit erscheinen. Auch die Brombach.
Als ich in der Kantine saß bekam eine Kollegin eine Whatsapp-Nachricht von Freunden in Berlin. Ob bei ihr alles okay sei? In den Nachrichten sei gekommen das Lörrach den Notstand ausgerufen hätte.
Ich beruhigte mich mit “da hat jemand Landkreis Lörrach und Stadt Lörrach verwechselt”, denn Kunden hatten mir berichtet das Inzlingen wohl in der Nacht ganz schlimm betroffen war und von der Außenwelt abgeschnitten sei.
Inzlingen ist nicht weit weg, aber etwas ungünstig gelegen, und wenn die beiden Zufahrtsstraßen gesperrt sind, dann kann es das geben.
Auch seien ein paar Straßen im Schwarzwald wegen Erdrutschgefahr gesperrt. Das ist aber auch nichts ungewöhnliches, diese Strecken sind öfters wegen Schnee oder Windbruch blockiert.
Notstand in Lörrach?
Dann kam mein Chef bei mir vorbei und erzählte das sein Chef in angerufen habe und gefragt habe ob alles in Ordnung sei, weil er erfahren hatte das Lörrach den Notstand ausgerufen hat. Er habe ihm geantwortet “alles in Ordnung, die Mitarbeiter konnten pünktlich kommen, die Kunden sind da, keine Wasserschäden am Gebäude”
In dem Moment wütete gerade ein Gewitter über der Lörracher Innenstadt. Solche Wetterlagen sind immer Anlass dazu das viele Kunden bei mir auf den Stockwerk “spazieren gehen”… das merkt man richtig, sie sind nur da um den Regen abzuwarten und kommen hier in den 5. Stock um aus dem Fenster zu sehen.
Ich sage immer aus Spaß “Wenn man den Tüllinger nicht mehr sieht ist schlechtes Wetter, wenn man das Hochhaus nicht mehr sieht, ist ganz schlechtes Wetter”!
Minutenlang konnte man gar nichts sehen. Zeitweise hat es so geschüttet, das man die Dächer der Gebäude gegenüber nicht mehr erkennen konnte!
Das war gegen 17 Uhr. Danach war bei uns im Haus fast nichts mehr los. Um 18:30 hatte ich Feierabend. Da schien zum Teil wieder die Sonne.
Als ich gehen wollte zeigte mir eine Kollegin ein Video von einer Autofahrt auf überschwemmter Straße… Es war kurz zuvor in Weil am Rhein aufgenommen worden!
Auf dem Heimweg
Auf dem Heimweg kamen mir 2 Rettungswagen entgegen, einer in der Fußgängerzone ein weiterer fuhr an mir vorbei und einen Notarztwagen mit Blaulicht düste an mir vorbei… So weit nichts ungewöhnliches.
Im nahen Penny Markt sah alles ganz normal aus. Allerdings kassierte die Kassiererin mit dem privaten Handy am Ohr und erklärte jemandem das sie nicht wisse wann sie nach hause kommt weil ja so viele Straßen gesperrt seien. Ich wollte sie beruhigen und sagte “bis sie Feierabend haben ist alles vorbei”. Doch sie antwortete das sie seit 18 Uhr Feierabend hätte, aber ihre Ablösung sei immer noch nicht erschienen. Es war 18:45. Die Kollegin käme nicht durch, weil die Straßen gesperrt sind. Welche denn? Die Antwort war “alle Zufahrten nach Lörrach zu”
?
Ich verließ den Laden, die Sonne lugte hervor und mit begegnete eine Gruppe junger Leute in Anzug und Abendkleid… Abiball oder sowas…
Erst mal Nachrichten gucken
Zuhause angekommen startete ich den Laptop um mir einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Ich fand zahlreiche Youtube-Videos über die Umliegenden Dörfer: Ganz schlimm sei es in Brombach und Inzlingen… Hä? Hatte nicht die Arbeitskollegin auf Brombach erzählt sie habe auf der Fahrt zur Arbeit nichts bemerkt?
Auf Facebook teilen viele Bilder und Videos die einem Angst und Bange machten. Es entstand der Eindruck, die Katastrophe ist nicht nur in der Eifel und im Rheinland schlimm, sondern auch hier!
In dem Moment begann es zu regnen.
Als ich mein Abendessen bereitete fragte ich mich ob es nicht besser sei wenn ich nochmals in den Laden ginge und ein paar Lebensmittel bunkere… wer weis wie schlimm das noch wird…
Anruf aus Hamburg
Eine gute Freundin aus Hamburg rief mich an, auch sie hatte irgendwo gehört in Lörrach sei das so schlimm.
Sie dachte schon die Lage sei hier genauso dramatisch wie in Euskirchen, Düsseldorf und co.
Ich konnte ihr allerdings nur berichten das zwar fast permanent Feuerwehr und Krankenwagen sowie THW unterwegs seien. Aber von Gebäudeschäden oder gar Toten und Verletzten hätte ich noch nichts gehört.
Weil wir beide gezielt danach gesucht habe, fanden wir einen Bericht von einem 17 jährigen der aus einem Gulli gerettet werden konnte. Diese dramatischen Szenen hätten sich in der Nacht in Inzlingen zugetragen. Ach ja Inzlingen, da kenne ich ja jemand, vielleicht sollte ich die Person mal fragen ob alles in Ordnung ist.
Nach dem Telefonat mit der Freundin aus Hamburg versuchte ich mich etwas zu beruhigen. So schlimm wird es hier schon nicht kommen, es war ja schon längst Besserung des Wetters angesagt… oh was ist das? Ein Stück blauer Himmel ?!
“Hast Du Lust auf ein paar Schritte spazieren?”
Diese Frage erreichte mich von einer Chor Freundin mit der ich schon paar Monate keinen Kontakt hatte. Es war bereits nach 21 Uhr und ich saß im Pyjama auf der Couch und trank ein Dosenbier… unter normalen Umständen hätte ich geantwortet “nö keine Lust” ABER:
Es handelte sich um diese Bekannte die in Inzlingen wohnt und die ich vorher gefragt hatte ob bei ihr alles in Ordnung sei! Ich beschloss mich mit ihr und der anderen Freundin zu treffen.
Ich bin schnell in Kleidung gesprungen und los gelaufen um die beiden in der Innenstadt zu treffen. Was die beiden mir erzählt haben hat mich sehr beruhigt.
Die Inzlingerin war am Morgen ganz normal zur Arbeit gefahren, und das irgendwas nicht normal ist hatte sie nur bemerkt weil ein Feuerwehrmann auf der Straße Stand und den Verkehr regelte. Die überschwemmte Unterführung hätte sie sonst gar nicht bemerkt. Das Unwetter in der Nacht und den Massiven Einsatz von Feuerwehr und THW hatte sie komplett verschlafen.
Am Nachmittag hatte sie sich mit einer Freundin in Lörrach getroffen, weil diese so aufgeregt war und wissen wollte ob es in Inzlingen wirklich so schlimm ist sind sie zusammen heim gefahren. Dort hat sie erst mal ihren Keller usw kontrolliert, aber es war nix. Allerdings wunderten sich die zwei das beide Handys zeitweise nicht funktionierten.
Später fuhren sie einen anderen Weg von Inzlingen nach Lörrach, wo zwar auch noch Einsatzfahrzeuge vor Ort waren, aber die Straßen waren frei. Die beiden waren gemütlich Essen gegangen und danach wollte n sie etwas spazieren gehen und fragten mich ob ich mit will.
Spazieren gehen bei diesem Unwetter? Wisst ihr nicht was los ist? Nö… das schlimme Gewitter in Lörrach haben sie komplett verpasst, während sie in Inzlingen waren. Das angeblich alle Straßen von und nach Inzlingen gesperrt oder beschädigt seien haben sie auch nicht gehört.
Alles halb so schlimm wie dargestellt
Vermutlich sind alle im Facebook und co geteilten Videos aus der gleichen halben Stunde wo es echt massiv geregnet hat und vielerorts die Gullis die Wassermassen nicht mehr fassen konnten. Die Hilfkräfte mussten vielerorts Keller auspumpen. Aber wirklich Lebendsbedrohlich war die Lage im Raum Lörrach nirgends.
Ich hab mich jedenfalls mega gefreut die beiden so gut gelaunt anzutreffen, und wir hatten noch einen schönen Abend.
Das freut mich ja, liebe Uschi. Danke für deinen Bericht.
Ich wohne in Lörrach