Wir haben Verwandtschaft in der Nähe von Kirchheim unter Teck. Kirchheim liegt zwischen Stuttgart und Ulm und ist mit dem Auto am besten über die A8 erreichbar. Oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit der S-Bahn S1 ab Stuttgart.
Ich habe in den letzten 25 Jahren meine Verwandtschaft dort schon oft besucht und die Reiseroute dort hin ist mir sehr vertraut. Meistens haben wir die Besuche mit einer Übernachtung bei meiner Schwester in Stuttgart kombiniert.
Für die Hochzeit meiner Cousine waren meine Mutter und ich in einem örtlichen Hotel untergebracht. Das war ganz angenehm. Damals war das noch okay mit meiner Mutter aber mittlerer Weile wird sie so unsicher und ängstlich, das sie nicht mehr wo anders übernachten möchte.
Mama will nicht übernachten
Einen wirklichen medizinischen Grund gibt es dafür nicht, es geht geht im Verhältnis zu ihrem 15 Jahre jüngeren Bruder viel besser. Sie kann noch eigenständig gehen und sich selbst versorgen. Aber sie entwickelt immer mehr Angst vor Orten die sie nicht so gut kennt.
Müsste sie jetzt irgendwo anders übernachten hätte sie Angst sie findet ihre Sachen nicht mehr. So Dinge wie Brille, Hörgerät und Stützstrümpfe muss sie zuhause immer an exakt den gleichen Ort legen.
Die letzten Male wo sie bei meiner Schwester oder irgendwo anders übernachten musste hatte sie Unmengen Gepäck dabei, weil sie immer Angst hat irgendwas fehlt noch.
Manchmal mache ich mich über dieses Verhalten lustig, und frage “hast Du das Bikini und die Skihose dabei?” denn sie meint beim Packen immer für alle extremen Wetterlagen packen zu müssen.
Um ihr den Stress mit der Packerei und dem Gepäcktransport (sie packt so viel ein das sie Koffer nicht heben kann) zu ersparen haben wir uns diesmal für die Hin und Rückfahrt am gleichen Tag entschieden.
Kirchheim unter Teck ist nicht weit weg
Kirchheim ist vom Wohnort meiner Mutter etwa 250 km entfernt. Über die A5 und A8 wäre das ist 2.5-3 Stunden mit dem PKW zu schaffen. Doch die Vorstellung von der langen Autofahrt hat meiner Mutter solche Angst gemacht das sie mich tagelang bearbeitet hat wir müssten jede Stunde eine lange Pause machen, etwas zu Essen mit nehmen usw.
Die Wahrheit ist aber das ich genau diese Strecke schon Abends nach der Arbeit mal eben gefahren bin, alleine und ohne eine Pause.
Eine kleine Unterbrechung der Fahrt um mal kurz auf Toilette zu gehen finde ich okay. Aber bei einer so kurzen Reisezeit braucht man keine Verpflegung mit zu nehmen.
Wenigstens konnte ich sie davon überzeugen nur eine Flasche Wasser mit zu nehmen.
Was das kostet???
Meine Mutter war auch besonders darüber beunruhigt das diese Reise so schrecklich teuer werden würde. Das muss doch nicht sein! Es ist ja keine Hochzeit oder runder Geburtstag.
Da hatte sie recht, Geburtstag hat momentan keiner der Verwandten. Diese Termine lagen alle mitten im Lockdown, als eine Fahrt dort hin noch absolut undenkbar war. Mit der Veränderung dieser Umstände, das man sowas im März auf keinen Fall durfte und nun ist es okay kommt meine Mutter mit ihren fast 82 Jahren nicht mehr ganz klar. Wenn das so gefährlich ist wie die die Nachrichten Monatelang proklamiert haben, warum ist das jetzt wieder okay? Letztlich war für sie das Argument, das wir alle bereits geimpft sind das ausschlaggebende.
Dennoch hatte meine Mutter noch erhebliche Bedenken wegen der hohen kosten. Um Geld für einen Leihwagen zu sparen hatten wir schon Überlegungen gemacht ob mein Schwester aus Stuttgart mit ihrem PKW uns hier ab holt.
Ein Carsharing Auto kostet mich für die Strecke und die Zeit etwa 200-250€. Diese Kosten wollte meine Mutter unbedingt verhindern. Aber eine Fahrt mit dem Zug kommt für sie auch nicht mehr in Frage, denn sie hat panische Angst vor dem Umsteigen. Ganz besonders der Hauptbahnhof in Stuttgart ist für sie total schrecklich, weil dieser momentan komplett umgebaut wird und jedes mal anders aussieht.
Ich verstehe zwar nicht warum das so ein schlimmes Problem ist, an dem Bahnhof ist man maximal 10 Minuten, und außerdem bin ich ja dabei und ich finde den weg wo man zum anderen Zug muss.
Zudem gäbe es auch Verbindungen die nicht über Stuttgart gehen. Aber die Vorstellung über 4 Stunden in verschiedenen Zügen zu fahren löst bei ihr totale Angst aus. Dann würde sie lieber nicht fahren.
Die Lösung ein privat geliehenes Auto
Die perfekte Lösung war einen PKW von privat auszuleihen. Ein Auto von jemandem den ich kenne. In meiner Kirchengemeinde habe ich ein Ehepaar gefunden die nicht weit weg wohnen und die mir ihr Fahrzeug gerne für den einen Tag zur Verfügung gestellt haben.
Meine Mutter brauchte jedoch ein paar Tage um sich mit diesem Gedanken anzufreunden. Wie kann das sein das diese Leute mir ihr Auto geben? Warum tun sie das? Verlangen sie etwas von mir dafür? Ist das Auto evtl nicht in Ordnung und bleibt auf der Strecke liegen?
Nach mehrfachen Telefonaten, konnte ich sie davon überzeugen das es in Ordnung ist das ich dieses Hilfsangebot annehme.
Ich bin sehr sehr dankbar für diese Lösung, denn so konnte ich meine Mutter zuhause an der Haustüre abholen und am gleichen Abend wieder dort hin zurück bringen. Sie musste keine Angst haben unterwegs irgendwas zu verlieren oder die Orientierung zu verlieren.
Wunderschönes Wiedersehen
Es war sehr schön die Verwandten auf der Schwäbischen Alb mal wieder zu sehen. Seit über 1.5 Jahren konnten wir uns nicht treffen. In dieser Zwischenzeit hatten wir große Angst um meinen Onkel (den letzten Bruder meiner Mutter), er ist schwer krank. Dialysepatient, Zuckerkrank, Herzkrank, COPD und er hatte letztes Jahr im Frühjahr Corona… wir hatten alles sehr große Angst er würde es nicht überleben. Doch er hat es geschafft. Allerdings hat er über 35 Kilo Gewicht verloren!
Auch vor dem Wiedersehen mit ihm hatte meine Mutter etwas Angst. Was sie allerdings nie in Worte fassen kann… sie druckst dann immer nur rum und findet irgendwelche Ausreden (es ist zu warm, es ist zu kalt, ich habe Durchfall, ich habe Verstopfung,…) Endlich war es jetzt soweit und die beiden konnten sich mal wieder sehen.
Mein Onkel ist übrigens gar nicht mehr reisefähig. Wir saßen gemeinsam im Garten. Auf der Strecke vom Wohnzimmer in den Garten musste er zweimal auf einem Stuhl pausieren, weil ihn das gehen so sehr anstrengt.

Zu sehen, das es ihm viel schlechter geht, aber er sich trotzdem über den Besuch freut hat meiner Mutter gut getan. Auf der Heimfahrt musste sie nicht ständig jammern ich solle anhalten, das Autofahren würde sie so anstrengen…
Heimfahrt
Dafür war die Rückfahrt für mich etwas anstrengender, denn wir hatten dreimal Stau. Dieses ständige anhalten und weiter fahren finde ich viel ermüdender als normales Fahren, zudem hatte ich dann etwas Nackenschmerzen. Meine Mutter war etwas irritiert als ich dann sagte ich bräuchte eine Pause.
Aber nach einem Kaffee, einem salzigen Bifi und etwas Gymnastik konnte ich wieder weiter fahren. Und den Trick Cola-Gummibärchen gegen Kopfschmerzen kannte sie auch noch nicht. Mir hilft das sehr oft auf Autofahrten. Meine Mama bekam ihr erstes Haribo-Cola-Fläschchen ! Selbst damals als ich noch Kind war, hat sie die niemals probiert…
Ich esse diese zuhause eigentlich nie… immer nur auf längeren Autofahrten.
Nachdem ich meine Mutter zuhause abgesetzt hatte musste ich das Auto bei den Bekannten abgeben. Es war leider schon weit nach 22 Uhr. Und dann bin ich zu Fuß heim. Um 23 Uhr war ich dann endlich zuhause.
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