Was vor genau einem Jahr meine Hauptbeschäftigung war ist jetzt wieder selten geworden. Im zweiten Lockdown konnte man ja fast nichts anderes tun. Monatelang waren meine Spaziergänge mein Sport und mein wichtigstes Erlebnis am Tag.
In meinem Lockdown Tagebuch habe ich jeden Tag davon berichtet. Obwohl ich schon seit über 10 Jahren in Lörrach wohne gab es fast täglich irgendwas neues zu entdecken. Weil man sich endlich mal die Zeit genommen hat und einfach mal los gelaufen ist.
Nun hat uns aber schon lange wieder der normale Alltag wieder und ich hab schon lange nicht mehr die Zeit dazu gefunden. Und das obwohl ich vorletzte Woche Urlaub hatte. Es hatten so viele andere Dinge Priorität und außerdem habe ich momentan ein Auto das ich nutzen darf. Und ein Auto macht bekanntlich faul.
Ich muss wiedermal spazieren gehen
Weil ich mich die letzten Tage viel zu wenig bewegt habe hatte ich mir heute vorgenommen endlich mal wieder im Wald spazieren zu gehen. Heute war trockenes und sonniges Wetter aber sehr kalt. Heute vor einem Jahr hatten wir sogar viel Schnee hier in Lörrach. Am 16. Januar 2021 konnte ich deshalb nicht so viel Spazieren wie ich mir das vorgenommen hatte. Im vergangenen Januar hatte ich das Ziel täglich 10 000 Schritte zu gehen um in Form zu bleiben.
Heute wollte ich mal wieder austesten ob ich das noch packe… kurz vorm Losgehen hatte ich etwas ein Motivations-Tief, um ein Haar hätte ich mich stattdessen für ein Mittagsschlaf entschieden. Doch ich überwand meinen inneren Schweinehund… und spätestens nach 200m war ich sehr froh darüber.
Mir fiel das laufen sehr leicht und ich freute mich sogar richtig auf den Wald. Obwohl ich wusste das es dort erst mal Bergauf geht. Ich ging zuerst die Strecke die ich im Lockdown x-mal gegangen war. An den Hochhäusern am Schützenwaldweg vorbei, bis zum Judenfriedhof und dann auf den Waldweg. Ich erinnerte mich daran das ich manchmal schon auf Höhe des Wasserreservoir die Jacke geöffnet hatte, weil mir zu warm wurde. Heute fiel mir das bergauf gehen viel leichter und mir wurde nicht so unangenehm warm. Die allererste kleine Pause um auf Handy zu gucken und einen Moment stehen zu bleiben machte ich erst oben in Sichtweite der Häuser auf dem Salzert. Hinsetzen wollte ich gar nicht, erstens was alles nass und zweitens brauchte ich gar keine Pause.
An der Strasse die Richtung Stetten geht (ich glaube Steinenweg) überlegte ich kurz bergab zu gehen doch da ich mich so gut fühlte und Lust auf Wald hatte entschied ich mich für den Weg bergauf.

Das war eine gute Entscheidung es war sooo schön im Wald. Ich ging zuerst in Richtung “eiserne Hand” doch dann fand ich einen Weg den ich im Lockdown noch nicht ausprobiert habe. Der Obere Maienbühlweg. Superschöne Strecke mit nur leichter Steigung. Später wechselte ich auf den Mittleren Maienbühlweg Richtung Süden. Zeitweise ging ich der Sonne direkt entgegen und es tat sooooo gut.
Hin und wieder kamen mir ein paar Spaziergänger entgegen, womit zu rechnen war bei solch tollem Wetter an einem Sonntag. Aber die meiste Zeit war ich alleine mit meinen Gedanken.
Das habe ich vermisst!
Im Lockdown war ich schon fast genervt vom ständig alleine im Wald rum latschen. Doch jetzt wo ich es ein paar Monate nicht mehr gemacht habe stelle ich fest das ich das vermisst habe. Die Waldluft, die Gerüche, die Ruhe taten mir heute echt extrem gut. Das “weite” Laufen fühlte sich überhaupt nicht so an, im Grunde ist doch beinahe der erste Kilometer das anstrengendste und danach gehts wie von alleine…
Ganz kurz hatte ich ein leichtes Ziehen in der Lende wenn ich einen Schritt gemacht habe. In dem Moment fiel mir ein wie meine Mutter oder ein Bekannter von mir in der Situation reagieren würden. Ich befand mich auf einem einsamen Waldweg, weit weg von Autostraßen und ich war mir noch nicht mal sicher ob ich noch in Deutschland bin oder schon auf Schweizer Gebiet. Meine Mutter würde in Panik ausbrechen und sich augenblicklich hinsetzten müssen um das schmerzende Gelenk zu entlasten. Der Bekannte würde sich gedanklich so sehr in mögliche Ursachen für seinen Schmerz vertiefen das der ganze Tag versaut wäre…
Ich beschloss in dem Moment ganz anders zu denken: “da tut jetzt kurz was weh, aber ich geh weiter, das wird schon wieder weg gehen”… nach 3-5 Minuten war es wieder weg und später hab ich gar nicht mehr daran gedacht. Jetzt beim darüber schreiben musste ich sogar überlegen welche Seite es eigentlich war. Meine Diagnose, ohne Befund, da hat es halt kurz gezogen aber danach bin ich noch Kilometerweit gelaufen!
Entscheidend ist wie wir über eine Situation denken
Da war ich nun wiedermal im Januar im Wald unterwegs, wie letztes Jahr dauernd… und doch ist meine Situation eine viel bessere als vor 12 Monaten. Seit meinen Dauerspaziergängen im Lockdown hat sich einiges gebessert:
- Meine Krampfadern sind weg, ich wurde im März und im Mai operiert. Weil die OPs erfolgreich waren brauche ich nun keine Stützstrümpfe mehr.
- Eine Corona-Infektion habe ich ohne Folgen gut überstanden
- Augenblicklich habe ich keine so große Angst um meinen Arbeitsplatz wie während des Lockdown
- Meine damit verbundenen Ängste bezüglich meiner Finanzen sind auch weg
- Ich habe momentan viel besseren und engeren Kontakt mit meiner Mutter (letztes Jahr hatte ich Angst sie zu besuchen)
Ich bin fitter als vor einem Jahr
Der heutige Spaziergang hat mir gezeigt das ich viel fitter bin als letzten Januar. Ich bin viel schneller unterwegs gewesen obwohl ich keinen Zeitdruck hatte und unterwegs icht auf den Schrittzähler geachtet habe. Ich habe weniger geschwitzt und war hinterher nicht total erschöpft!

Schon wieder was neues entdeckt
Den Weg den ich eingeschlagen hatte kannte ich noch nicht, und ich hatte keine Ahnung wo ich nun letztendlich raus kommen würde. Diese Ecke von Lörrach kannte ich noch nicht!!!

Hier am Waldrand waren sehr viele Spaziergänger unterwegs offensichtlich ist das hier eine beliebte Strecke, und ich habe sie noch nicht entdeckt… ich habe also noch nicht zuviel hier rum gelaufen…

Schrittziel erreicht!
Im Lockdown Tagebuch hab ich jeden Tag meine gemachten Schritte gepostet… als Erinnerung an diese Tradition mein heutiges Ergebnis:

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