Diese und nächste Woche habe ich meine “Einweisungsfahrten”. Das heißt ich bin schon in ganz normale Schichten eingeteilt, allerdings noch in Begleitung eines Trainers.
Die Schichten in diesem Beruf sind nicht starr wie etwa in einer Fabrik wo alle Arbeiter um die gleiche Zeit kommen oder gehen. Auch haben wir an aufeinander folgenden Tagen nicht die gleiche Schicht. Das ist vor allem auch dadurch begründet das der Zugbetrieb rund um die Uhr aufrecht erhalten werden muss und unbeliebte Schichten auf alle Mitarbeiter verteilt werden. Es hat aber auch einen Sicherheitsaspekt. Wenn ich jeden Tag die gleiche Schicht hätte, könnte das ja ein böser Mitmensch ausnutzen sei es um mich zu erpressen, überfallen oder nur zum Schwarzfahren. Wenn so jemand nicht genau weis welches Personal wann auf dem Zug ist, wird es schwieriger irgendwas böses zu planen.
Mit wechselnden Arbeitszeiten klar kommen
Also diese Woche gilt es für mich zu lernen wie ich am besten mit den variierenden Zeiten klar komme. Doch da habe ich weniger Bedenken, denn ich war das ja schon von meinem Nebenjob etwas geübt. Es gab auch schon früher Tage wo ich um 4 Uhr aufstehen musste und dann wieder Tage wo ich erst 11 Uhr am Arbeitsplatz erscheinen musste.
Ein regelmäßiger Tagesrhythmus mit festen schlaf und Essenszeiten ist war sehr angenehm aber nicht lebensnotwendig. Ich weis früher war ich mal diejenige die gerne um 11 Uhr in die Pause gehen wollte weil ich meinte 13 Uhr sei zu spät zum Mittagessen… jetzt bin ich da weit flexibler. Feste Rituale die an Tageszeiten gebunden sind gibt es für mich bald nicht mehr. Der morgendliche Kaffee-Plausch zum wach weden, auf der Couch findet halt auch mal um 3 Uhr oder um 15 Uhr statt…
So war meine erste Woche:
Zu diesen Wechselschichten gehören auch fest eingeplante Ruhetage. Ich hatte Glück und mein Plan begann gleich mit einem Solchen. Aber ich nutzte den Tag nicht zum faul rum hängen. Nein ich habe viel gelernt und ein paar private Erledigungen erledigt.
Am Donnerstag war dann meine erste vollwertige Schicht auf dem Zug! Zwar waren wir schon paarmal unterwegs aber die Tätigkeiten die wir aktiv machen durften waren noch sehr eingeschränkt. Jetzt darf,kann, soll und muss ich alles machen was zu unserem Beruf gehört. Also auch die technischen und sicherheitsrelevanten Tätigkeiten.
Bisher waren wir bei jeder Schicht im Zug nur fokussiert auf eine mögliche Tätigkeit. Doch ab jetzt ist “alles drin”! Im “Echten Leben” kann unsere Tätigkeit sehr verschieden sein, je nach dem was anfällt. Es kommt ganz darauf an welches Fahrzeug wir fahren, wie viele Fahrgäste da sind, ob der Fahrplan so funktioniert wie geplant oder ob es sonstige Unregelmäßigkeiten gibt.
Mein Tagesablauf:
Aufstehen um 3:30 Uhr (dafür habe ich sicherheitshalber 3 Wecker gestellt)
Mit dem Fahrrad los fahren um 4:45 (in lockerer Privatkleidung)
5:20 Uhr Ankunft in der Dienststelle, Umziehen ! (denn ab jetzt bin ich immer in der UBK unterwegs- heute das burgundyfarbene Kleid)
5:40 Uhr Dienstbeginn
5:57 Uhr auf den Zug (witziger Weise genau der über den ich schon mal als Fahrgast geschrieben habe. Lese dazu “Uschi unterwegs im IC”. Als ich das geschrieben habe konnte ich noch nicht ahnen das das mal mein Arbeitsplatz sein würde)
8:46 Uhr Umsteigen in Stuttgart
9:23 Uhr als Fahrgast nach Mannheim
10:00 Uhr “Mittagspause in Mannheim, Unser Trainer hat uns den Weg zur Kantine gezeigt, dort trafen wir auf zwei Basler Kollegen”
11:20 Uhr mit einem “Ersatz-Zug” zurück nach Basel, denn der geplante Zug fiel aus. Überraschender Weise war der Ersatz ein viel besseres ICE Fahrzeug obwohl ein EC geplant war. Dadurch hatten wir auf dem Zug weniger und leichtere Arbeit, aber auch weniger Erfahrung auf den ursprünglich geplanten Zug.
14:10 Uhr pünktlich Feierabend am Badischen Bahnhof
Umziehen, etwas Trinken, Eis essen und dann Radfahrt nach hause…
15:00 Uhr war ich nach einem interessanten aber nicht sehr anstrengenden Arbeitstag zuhause.
In meiner Freizeit konnte ich sogar einen Mittagsschlaf machen und ins Schwimmbad zum Aquafitness und später noch etwas länger auf dem Balkon sitzen. Ein gelungener schöner Tag!
Den heutigen Samstagsplausch möchte ich dazu nutzen Euch von meinem gestrigen Schulungs/Arbeitstag zu erzählen. Diesen Artikel verlinke ich wie jeden Samstag bei der lieben Andrea vom Karminroten Lesezimmer.
Wie ihr vermutlich alle schon wisst mache ich zur Zeit eine Quereinsteiger Umschulung zur “Zugbegleiterin im Fernverkehr”. Diese Ausbildung umfasst einiges mehr als sich der Laie normalerweise denkt. So müssen wir unheimlich viel über die genutzten Fahrzeuge wissen. Und im deutschen Fernverkehr sind das viele unterschiedliche Produkte und Fahrzeuge. Mein zukünftiger Tätigkeitsbereich wird ICE Züge sowie IC und EC Züge beinhalten. Die zuletzt genannten Züge enthalten auch oft ausländische Wagen über die wir auch Bescheid wissen müssen.
Praxistag auf unterschiedlichen ICEs
Gestern hatten wir einen Praxistag auf unterschiedlichen ICEs. Dabei ging es darum in unterschiedlichen Fahrzeugen das theoretisch erlernte zu vertiefen. Dazu gehören viele Dinge die wir in Gefahrensituationen schnell wissen müssen. Sowas wie “Wo sind die Evakuierungsstege” oder “Wie schalte ich bei Feuer ganz schnell die Klimaanlage aus”… Alle technischen Informationen über alle Züge in denen wir eingesetzt werden können finden wir in unseren elektronischen Geräten und können wir dort jederzeit nachlesen. Deshalb sind wir verpflichtet das Handy und das Tablett immer geladen und aktualisiert dabei zu haben. Aber mal ganz ehrlich, wenn es brennt kann ich nicht mehr lange in irgendwelchen Richtlinien suchen wo was sein könnte.
Deshalb mussten wir gestern sehr früh unterwegs sein um die entsprechenden Züge zu erreichen.
Arbeitsbeginn 5:10 Uhr
Schon im Vorstellungsgespräch wurde ich gefragt wie ich das mache wenn mein Dienst morgens um kurz nach 5 beginnt. Denn natürlich ist es meiner Führungskraft klar das die erste S-Bahn in Lörrach erst um 5:20 los fährt. Eigentlich wollte man von mir wissen ob ich einen Führerschein und einen PKW besitze. Führerschein habe ich zwar aber ich nutze kein eigenes Auto. Die Frage beantwortete ich mit “ich komme mit dem Fahrrad”.
Das habe ich bisher während der Schulung fast jeden Tag durchgezogen. Lediglich an ein paar Regentagen habe ich die Bahn genommen.
Gestern war nun das erste Mal der Fall das wir vor Verkehrsbeginn der S-Bahn schon in Basel sein mussten. Und natürlich wollte ich mit dem neuen E-Bike zum Badischen Bahnhof in Basel fahren.
Den Weg kenne ich ja nun schon sehr gut. Aber im Dunkeln war ich ihn bisher noch nicht gefahren. Seit einer Woche erst habe ich dieses gebrauchte E-Bike und ich komme damit auch sehr gut zurecht. Auch habe ich rechtzeitig daran gedacht den Akku zu laden damit ich morgens um 4:30 Uhr ohne Verzögerung fahren kann.
Allerdings hatte ich versäumt die eingebaute Beleuchtung des E-Bikes intensiv zu testen. Ja sie leuchtet… aber wie?! Die Frontbeleuchtung des Rades ist sehr schwach. Im Stadtgebiet mit Straßenbeleuchtung ist das kein Problem… aber auf den Wander und Radwegen an der Wiese (Fluss) gibt es keine Lampen! Zusätzlich führt mein Weg durch einen kleinen Wald…
Hilfe es ist dunkle Nacht
Das die Beleuchtung des Rades nicht ausreicht realisierte ich schon an der nächsten Kreuzung und deshalb drehte ich um. Ich wollte die abnehmbare Fahrradlampe die ich für mein altes Rad hatte in der Wohnung holen. Das war ganz gut so, denn ich hatte versehentlich das Licht im Wohnzimmer angelassen. Also Lampe sofort gefunen, Licht aus und … oh schreck… die Akkustandanszeige der Lampe zeigte nur noch einen Balken. Und wo ist Halterung? Im Keller an dem alten Rad.
Also musste ich nun mitten in der Nacht in den Keller. Was mir sehr unangenehm war, denn die Kellertüre lässt sich nicht geräuschlos öffnen und schließen und die Beleuchtung da unten ist selbst am Tag suboptimal. Wie gut das ich mein altes Fahrrad im Winter öfters im Dunkeln ertastet habe und ich fand die Halterung schnell und ich investierte die gesparte Zeit darin die Türe so wieder zu zu machen das nicht das halbe Haus aufwacht.
Halterung im Dunkeln an das neue Fahrrad, Lampe rein… zum Glück funktionierte das gut. Ich entschloss mich die Lampe aus zu lassen bis ich auf dem Radweg an der Wiese bin um Akku zu sparen.
Um die Lampe einzuschalten musste ich anhalten… auf dem unbeleuteten Radweg… äääähm. Die Dynamo getriebene Radlampe des E-Bikes leutet im Stand nicht. Buh gruselig. Die Akkuleuchte funzelte müde vor sich hin. Hilfe dieser schwachen Beleuchtung möchte ich nicht allein vertrauen.
Zum Glück hatte ich eine Idee wie ich für Licht sorgen konnte. Mein Diensthandy hat einen langen Bändel, den ich mir um den Hals hängen kann, so das das Handy auf meiner Brust hängt. Außerdem ist der Akku des Handys frisch geladen und so konnte ich die Taschenlampen-Funktion als Notbeleuchtung nutzen.
Naja ein Handy ist nicht als Fahrzeugbeleuchtung gedacht und so reichte das Licht gerade so um die seitlichen Ränder des Radweges zu erkennen. Die Akku-Fahrradleuchte gab kurz nach der Grenze den Geist auf und so fuhr ich mit dieser spärlichen Beleuchtung durch die “Natur”…
Ich überlegte mir kurz ob es eine Alternative gibt. Ich könnte über Riehen fahren, was von hier aus ein Umweg wäre und vermutlich käme ich dadurch zu spät. Das war also keine Option, denn unser Trainer hatte eine klare Ansage gemacht “Der Zug fährt wenn er fährt und wer nicht pünktlich da ist zählt als nicht erschienen”. Ganz klar daran müssen wir uns gewöhnen.
Augen zu und durch!
Nein Augen weit auf und direkt durch den Wald. Eigentlich sollte man bei so kurzer Sicht etwas langsamer fahren aber ich entschied mich für “so schnell wie möglich” denn ich hatte in dem Waldstück wirklich etwas schiss… Seitlich sah ich wirklich nur bis zum Wegrand, nach vorne nur wenige Meter mehr. Ich betete innerlich das mir kein Wildwechsel oder gar Hindernisse auf dem Weg begegnen.
Boah war ich froh als ich die ersten Gebäude und beleuchteten Straßen erreichte!
Wir fahren auf der “Lederhose”
Es gibt einen einzigen ICE der von Basel über Karlsruhe und Stuttgart nach München fährt. Dieser wird liebevoll “Lederhose” genannt. Er startet auch hier am Badischen Bahnhof den der Fahrzeugtyp ICE 3 ist für das Schweizer Schienennetz nicht zugelassen. Wir fuhren heute diesen Zug um uns hier alles in der Praxis anzusehen. Für die Fahrgäste sind die Unterschiede zwischen ICE 3 und 4 kaum wahrnehmbar. Doch für uns gibt es ganz andere Dinge zu beachten.
Diesen Zug fuhren wir bis Karlsruhe, wobei wir nicht als offizielle “Zugbegleiter” unterwegs waren sondern als “Praktikanten/Lernende” damit dies erkennbar ist mussten wir unsere Warnwesten permanent tragen.
Wir hatten die Erlaubnis mit unseren Schlüsseln die Schaltschränke usw zu öffnen. Eine unserer Aufgaben war es defekte Beleuchtungselemente zu finden und diese korrekt in das elektronische Bordbuch des Wagons einzugeben. Dabei lernten wir sehr schnell das dies früh morgens wenn es noch dunkel ist und weniger Fahrgäste unterwegs sind viel einfacher ist als später.
Ein leerer Wagen im Dunkeln … Kontrolle und Fehlersuche
Der ICE 1
In Karlsruhe mussten wir “die Lederhose” verlassen und sind zu Fuß zum Rangiergleisbereich gelaufen. Mir persönlich hat der Spaziergang in der Morgensonne ganz gut getan, aber einige der anderen Teilnehmer stießen wohl schon an ihre Grenzen und jammerten über den weiten Weg…
Im Gleisbereich mussten wir wie im Gänsemarsch exakt hintereinander gehen und Rucksäcke oder Taschen mussten an der Hand getragen werden, denn eine Warnweste darf in diesem Bereich nicht verdeckt sein. Auch ist es nicht erlaubt zu telefonieren oder fotografieren weil dies ablenken könnte und ein Stolpern oder Stürzen mit verheerenden Folgen bewirken. Hier können immer mal wieder Fahrzeuge bewegt werden.
Wir kamen zu einem ICE 1 der ältesten ICE Reihe die 1990 gebaut wurde. Da der Einstieg bei der Lok niedriger ist als an den Wägen (hier gibts kein Bahnsteig) durften wir durch die Lok einsteigen. Die Lok hin an der Oberleitung und zog fahrbereit Strom. Dadurch war es im Innern wo wir durch die Technikräume gehen mussten sehr laut. Der Gang hier ist schmal, war und laut. Einer unserer Teilnehmer hatte schon fast Platzangst. Hier mussten wir übrigens unsere Rucksäcke auf den Rücken nehmen, sonst wären wir kaum durch gekommen… Die Mädels mit den chicen Handtaschen hatten da etwas Mühe.
In dem Zug hatten wir dann ganz ähnliche Aufgaben. Fehler suchen, wenn möglich beheben und im Bordbuch dokumentieren. Dabei stellte wir sehr eindrücklich fest wie sehr sich die Computertechnik seit den 90er Jahren entwickelt hat! Die verbauten Rechner sind riesig !!!
Da die Technik viel mehr Platz beansprucht, sind auch alle anderen Dinge anders verbaut als in den neueren Zügen… manches mussten wir erst suchen. Und einige Fächer sind verschlossen. Ich war etwas überrascht als man mir sagte “Du hast den Schlüssel er hat die Nummer soundso”. So langsam wird mit klar warum wir einen so umfangreichen Schlüsselbund erhalten haben. Anderer Zug, andere Schlüssel…
In dem Abgestellten Zug durften wir auch wieder ein paar Quatsch-Durchsagen machen:
Bis zu der Ansage des Triebfahrzeugführers (Lokführer) “Ich fahre jetzt zum Bahnsteig” ab da wurde der Zug “getauft”, also mit einer Zugnummer versehen und dann war wieder ernsthaft angesagt. Denn nun würden wieder Fahrgäste kommen.
Am Hauptbahnhof angekommen hatte der Zug etwas Aufenthalt und wir konnten ein paar in der Theorie erlernten Vorgänge an den Türen in der Praxis sehen. Deshalb hatten wir auch Zeit um ein paar Fotos am Zug zu machen:
Und auch wenn auf dem Bild meine Haare etwas hoch fliegen, der Zug fährt nicht!!! Wir stehen am Bahnsteig und im Hintergrund sieht man Fahrgäste ein und aussteigen.
Mit diesem Zug ging es dann nach Stuttgart. Wobei wir von der Großbaustelle am Stuttgarter Hauptbahnhof (Siehe “Unterwegs mit Stuttgart 21“) nichts zu sehen bekamen. Wir hatten gerade mal Zeit das Bahnsteig zu wechseln und mit dem nächsten ICE zurück nach Karlsruhe zu fahren. Wieder ein anderer Zug, auch hier mussten wir “Fehler suchen” und entsprechend melden. In den modernen Zügen geht das ganz anders als im ICE 1, wir müssen beides beherrschen.
Feierabend in Karlsruhe
Um Punkt 12 Uhr hatten wir dann schon Feierabend. Geplant war nur noch eine “Gastfahrt” nach Basel. Ob wir diese sofort oder später antreten wollen blieb uns selbst überlassen. Einzelne Teilnehmer nutzten den Besuch in Karlsruhe zum Shopping, die meisten fuhren gleich nach Basel und ich entschied mich noch ein paar Stunden dort zu bleiben. Ich hatte mich mit einer Freundin verabredet die nicht weit weg wohnt und wir waren zusammen in einem Biergarten gemütlich Mittagessen.
Wir waren im “Erste Fracht” direkt gegenüber des Hauptbahnhofs. Direkt daneben ist der Eingang zum Zoologischen Stadtgarten.
Frische Strozzapreti Pasta mit Fruchtigen Tomatenpesto mit Walnüssen und Rucola
Mein Mittagessen war sehr lecker, meine Begleitung hatte einen Kuchen den sie an der reichhaltigen Kuchentheke ausgewählt hatte. Die Bedienung war sehr nett und wir können das Lokal sehr empfehlen. Allerdings ist es nicht Barrierefrei und die Toiletten befinden sich im Untergeschoss.
Spontanes Treffen in Karlsruhe
Die Freundin hatte mal den Spruch gemacht “wenn Du mal in Karlsruhe bist melde Dich”… also habe ich ihr gestern morgen um 4 Uhr geschrieben “hey ich hab um 12 Uhr in Karlsruhe Feierabend… hast Du Zeit und Lust?” sie hat es spontan möglich gemacht. Ich fand das total cool von ihr. Das Treffen war schön und gemütlich.
Völlig Stressfrei bin ich dann danach mit dem Zug nach Basel gefahren. Diese Strecke sollte ja für mich keine nennenswerte Entfernung mehr sein… Schließlich ist das jetzt mein “Arbeitsplatz”.
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Zum letzten Teil meiner Ausbildung zum Zugbegleiter im Fernverkehr gehört auch ganz viel Fahrzeugkunde. Als Quereinsteiger müssen wir die Lerninhalte über die Fahrzeuge mit denen wir später unterwegs sind binnen kurzer Zeit erlernen.
Das Wort Fahrzeugkunde klingt trocken und theoretisch. Und nach sehr viel neue “Vokabeln”. So muss ich zum Beispiel wissen was ein Drehgestell ist und wie es grob aufgebaut ist. Allerdings muss ich als Zugbegleiter die einzelnen Bauteile nicht ganz genau kennen. Ich sollte jedoch Unregelmäßigkeiten erkennen und melden können.
Also wissen wie es aussehen und klingen muss, denn manche Störungen hört oder fühlt man eher. Wir müssen also immer mit allen Sinnen aufmerksam sein.
Wenn Du also mal einen Zugbegleiter einfach nur durch den Wagon laufen siehst und den Eindruck hast er habe gerade keine spezielle Aufgabe… als Laie ahnst Du nicht auf was er dabei alles achten muss. Selbstverständlich sind wir in erster Linie für die Fahrgäste da. Aber es gibt enorm viel drum herum das für die Sicherheit der Fahrgäste regelmäßig kontrolliert werden muss.
Üben auf dem ICE 4
Gestern hatten wir die Möglichkeit auf einem abgestellten ICE zu “üben”. Um genauer zu sein es waren zwei verschiedene. Denn der erste Zug auf dem unsere Einweisung geplant war musste kurzfristig als Ersatzzug eingesetzt werden. Die “geparkten” Züge dienen stets als Reserve für irgendwelche Ausfälle und so kam es das wir den Unterricht im Fahrzeug abbrechen mussten und spontan die Mittagspause vor ziehen konnten.
Wieder erwarten waren wir dann also wieder viel früher im Schulungsraum zurück als geplant. Der Trainer kennt solche Situationen bereits und hat uns ein kleineres Thema dazwischen geschoben bis er wusste wann wo welcher Zug abgestellt wird.
Im zweiten Zug hatten wir dann richtig viel Zeit und die Anweisung “Guckt Euch alles aktiv an und macht alles auf was Euch interessiert”. Wir durften also auch mal hinter alle möglichen Verkleidungen blicken. Und wissen wo man was auf kriegt falls es notwendig ist.
Kleine Störungen beseitigen
Wir lernten wie wir kleinere Störungen selber beseitigen können. Dabei gab es besonderes Augenmerk auf die Toiletten. Im Schaltschrank gibt es ein paar Schalter die wir betätigen dürfen um das Klo wieder benutzbar zu machen… aber es gibt da auch den Schalter “Rückspühlen” den wir besser nicht betätigen sollten! Diese Information hat bei einigen von uns etwas Kopfkino ausgelöst. Aber unser Trainer versicherte uns das dieser Mythos einer Ganzkörperdusche mit Toiletteninhalt doch eher eine Sage ist und diese Taste nur funktioniert wenn von oben Abgesaugt wird.
Die Toiletten sind kein so beliebtes Thema und dafür wurde auch gar nicht so viel Zeit verwendet. Die längste Zeit ging es um die Türen, und die möglichen Störungen die auftreten können.
Das die Türen bei einem Hochgeschwindigkeitszug korrekt verschlossen sind ist ganz enorm wichtig. Beim ICE 4 ist es sogar so das das Fahrzeug überhaupt nicht fahren kann wenn die Türen nicht zu sind. Trotzdem mussten wir lernen was zu tun ist wenn eine Türe nicht automatisch auf oder zu geht. Wir übten das entriegeln und von Hand öffnen von innen und außen. Außerdem lernten wir wo diese Störungen und Eingriffe überall angezeigt werden.
Oh ja… die Piktogramme auf den Displays im Dienstabteil, lesen, verstehen, wissen wo man was beheben versuchen muss, quittieren und ggf den Fehler weiter melden. Ziemlich komplex, aber ich denke mit der Routine weis man schneller wann was zu tun ist.
Brandschutz und Co.
Hier seht ihr mich bei der Übung Feuerlöscher entnehmen und wieder einhängen… Selbstverständlich haben wir auch gelernt wie diese gesichert und gekennzeichnet sein müssen.
Am Montag hatten wir den Umgang mit den Feuerlöschern geübt. Allerdings nicht mit echtem Feuer, wir mussten einen Luftballon damit abschießen, also genau zielen und genau die Entfernung abschätzen. Das hat Spaß gemacht und vor allem nimmt es die Hemmschwelle so ein Gerät im Bedarfsfall einzusetzen. Dennoch hoffen wir das wir die Feuerlöscher immer nur kontrollieren und hoffentlich nie brauchen.
Selbstverständlich haben wir auch gelernt in welchen Bereichen wir diese ohne Gefahr einsetzen können!
Safety First!
Wir haben gelernt unter welchen Bedingungen dieser Zug nicht mehr fahren darf. Boah das ist viel. Es gibt enorm viele Details die vor der Fahrt geprüft und gecheckt werden müssen, auch das ist zum Teil unsere Aufgabe. Dabei gibt es ganz klare Richtlinien wer wann was kontrolliert. Und das müssen wir wissen, zusätzlich müssen wir immer wissen wo wir es notfalls nachschauen können!
Zugbegleiter ist weit mehr als nur Fahrkarten kontrollieren.
Der Übungstag auf dem abgestellten Zug war sehr lehrreich, so konnten wir jeder mal den Fahrzeug gebundenen Rollstuhllift bedienen. Wobei dieser nach Möglichkeit nicht benutzt wird weil der Einsatz mehr Zeit benötigt als wir planmäßigen Halt am Bahnhof haben. Das heißt jeder Einsatz dieses Lifts produziert automatisch eine Verspätung. Keine angenehme Vorstellung wenn man bei der Bedienung konzentriert und umsichtig vorgehen sollte. Also diesen Lift brauchen wir wenn am Bahnsteig wieder Erwarten kein Mitarbeiter mit einem externen Lift da ist. Dieses komplizierte Ding ist also nur eine “Rückfallebene” die wir nur für den Notfall beherrschen müssen.
Wichtig wird er dann wenn wir den Zug an einem Bahnsteig unvorhergesehen Räumen müssen. Auch eine Situation die wir lieber nicht erleben wollen. Die aber durchaus vorkommen kann (wenn etwas wichtiges am Zug defekt ist).
Verschiedene Zug-Modelle
In Deutschland sind viele unterschiedliche Zugmodelle unterwegs und jeder von uns darf nur auf Zügen einsetzt werden auf dem wir auch ausgebildet wurden. Also kommen in den nächsten Tagen weitere Modellreihen dazu. Ich weis zwar noch nicht was heute kommt, aber ich weis das ich wegen der späteres Verfügbarkeit erst um 11 Uhr zu Schulung kommen muss und diese bis 19 Uhr dauern kann. Ich bin gespannt wann und wo ich welchen Zug heute kennenlerne. Es kann durchaus sein das der Zug nicht “geparkt” ist und wir uns unterwegs mit der Materie vertraut machen müssen…
Aber wie heißt dieser Blog nochmal? Unterwegs ist das Ziel
In diesem Sinne freue ich mich heute auf einen spannenden Arbeitstag!