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Mangel… wie unterschiedlich die Menschen damit umgehen

Die Corona Pandemie hat hier bei uns massive Auswirkungen hinterlassen, die uns wohl noch einige Monate, wenn nicht Jahre begleiten werden. Für viele Europäer die nie einen Krieg oder andere andere Not erlebt haben ist Corona und die Folgen für die Wirtschaft die erste große Krise. Und die Menschen reagieren sehr unterschiedlich darauf wenn mal irgendwas fehlt.

Die meisten Menschen die lange nach dem zweiten Weltkrieg geboren sind haben noch nie wirklichen Mangel erlebt und können damit teilweise kaum umgehen wenn es mal nicht alles gibt.

Wobei wir hier in Deutschland ja eigentlich nie wirklichen Mangel an irgendetwas hatten. Klar es gab ein paar Tage lang kein Klopapier zu kaufen… aber das ist doch gar kein echter Mangel. Dann wartet man eben und kommt wieder wenn es wieder welches hat. Gerade für diesen Bedarf gibt es doch genügend Alternativen. Was haben denn frühere Generationen gemacht, bevor Toilettenpapier erfunden wurde?

Es gab nicht wenige Leute die sich über leere Regale beschwert haben und das maßlos dramatisiert haben. Ich fand das eher lustig als dramatisch… Also wenn ich daran denke evtl Wochenlang nicht das Haus verlassen zu können, dann mache ich mir um ganz andere Dinge Sorgen als um Klopapier! (Wenn ich eh zu hause bin, dann kann ich doch auch Waschlappen und Wasser nehmen!)

Dann waren eine Zeit lang viele Läden zu und man konnte nicht mehr alles einfach so kaufen. Ein Umstand der bei nicht wenigen Mitmenschen einen Online-Bestell-Hype ausgelöst haben. Aber auch Online gab es nicht immer alles, aber hat sich jemand darüber beschwert? Davon habe ich in meinem Bekanntenkreis nichts mitbekommen.

Ausferkauft = Alarm

Zuerst Klopapier, dann Nudeln, Desinfektionsmittel und später Baumwollstoff und Gummiband. Manche wurden durch einen drohenden Mangel dazu motiviert alles aufzukaufen was man kriegen konnte. Lagen in einem Regal nur noch drei Päckchen Nudeln musste man die ganz schnell Hamstern, weil es könnte ja eventuell bald nichts mehr geben. Das durch dieses irrationale Kaufen andere Kunden leer ausgingen hat die wenigsten interessiert. „Hauptsache ich hab es was die anderen machen ist mir egal“.

Wie die Kunden jetzt damit umgehen wenn etwas fehlt

Jeder erwartet das wieder alles funktioniert. Es soll doch bitteschön alles gleich wieder so sein wie vor Corona. Ist es aber nicht! Es gibt noch immer Engpässe und es ist nicht immer alles so lieferbar wie wir es gewohnt waren. Genau damit gehen die Menschen ganz extrem unterschiedlich um.

Ich arbeite im Einzelhandel und wir verkaufen unter anderem Stoffe und Kurzwaren (Nähzubehör). Es nähen zur Zeit erheblich mehr Leute als noch vor einem halben Jahr. Ganz viele haben durch das Masken Nähen dieses Hobby neu entdeckt und deshalb wird viel mehr „Grundausstattung“ gekauft als sonst. Das hat zur Folge das weißes Nähgarn momentan ausverkauft ist.

Wenn ich den Kunden sage „haben wir nicht“ oder „ist leider gerade leer“ fallen manche aus allen Wolken und fragen entsetzt „Ja was mache ich denn jetzt?“. Woanders schauen, nochmal kommen oder gar eine andere Farbe zum Nähen nehmen ?

Mein Stoff ist blau-weiß gemustert, sind sie sicher das ich das auch mit blau nähen kann?

Alternativen überlegen… Fehlanzeige!

Nicht selten sind Kaufwillige überfordert wenn es genau das was sie sich vorgestellt haben gerade nicht gibt. Wenn sie schwarzen Baumwollstoff zum Masken nähen wollen und ich muss ihnen sagen das dieser ausverkauft ist. Als alternative zeige ich schon dunkelblau oder Schwarz mit Muster. „Ich weiß nicht ob ich das nehmen kann, wie sieht das denn aus? Ich weiß nicht ob das meinem Mann gefällt“ … es kommt vor das die Kundin dann erst mal telefonieren möchte weil sie das nicht alleine entscheiden kann… Nebenbei bemerkt, 20cm von dem Stoff kosten unter 2 Euro… aber die Entscheidung fällt schwer.

Was mache ich wenn ich nicht kriege was ich will?

Diese Frage haben sich wohl viele Menschen noch nie gestellt oder stellen müssen.

Also ich habe als Kind schon gelernt, wenn ich mit meinen Playmobil Figuren eine Bootsfahrt spielen will, aber kein Boot habe, dann lasse ich mir was einfallen! Auf diese Weise wurde ein Kleiderschrank aus dem Puppenhaus auf den Rücken gelegt und Playmobil-Männchen rein gesetzt… schon hatten sie ein Boot.

Nicht selten haben meine Schwester und ich Spielsachen umfunktioniert. Möbelstücke waren mal Raumschiffe oder Fahrzeuge oder die auf den Kopf gestellte Puppenstube eine Höhle für die Plüschtiere. Manchmal frage ich mich ob andere in ihrer Kindheit nie so spielen gelernt haben.

Kürzlich hatte ich eine Kundin die zeigte mir auf dem Handy ein Foto von einer gehäkelten Babyjacke. Obwohl sie deutsch sprach, konnte sie nicht ohne das Bild ausdrücken was sie sucht… Sie wollte Wolle um diese Jacke zu häkeln. Vermutlich wusste sie noch nicht mal ob es gestrickt oder gehäkelt ist, aber es war weiß mit rosa umhäkelt. Ich zeigte ihr also ein Acrylgarn in diesen Farben. „Hmm äh, nein, nicht so… weisnich“ Okay mit solch qualifizierten Kundeneinwänden muss ich täglich umgehen. „Möchten Sie eventuell kein Acryl sondern Baumwolle?“ „Weisnich“. Ich gab ihr ein Knäuel rosa Baumwolle in die Hand und es wurde klar, sie wollte Baumwolle. Nun aber das Drama: weiße Baumwolle ist momentan leider ausverkauft. „Was mache ich jetzt?“ Ich schlug vor doch das Acyl zunehmen oder sie könne diese Jacke einfach in anderen Farben machen. Wie wäre es mit Rosa und Lila Rand? „Oh nein das kann ich nicht, das Umdenken ist mir zu schwierig“ ich dachte erst ich hätte mich verhört, aber sie sagte zweimal etwas in der Art. In solchen Momenten frage ich mich „wo ist die versteckte Kamera? Will sie mich veräppeln“. Die Kundin kaufte letztlich nichts, weil sie sich nicht entscheiden konnte.

Es gibt aber auch andere Kunden!

Es gibt aber auch Kunden die ganz anders reagieren und flexibel und freundlich bleiben auch wenn vieles schief geht.

Anfang März hatte ich einen Kunden der teuren Möbelstoff bei mir bestellt hat. Er hat eine Gastronomie und rechnete damit das er für nie Weile schließen muss und wollte dann in der Zeit den Stoff verarbeiten. Leider kam der Shutdown schneller als sein Stoff. Als ich nach 6 Wochen meine Arbeit wieder aufnahm musste ich erst mal nach allen offenen Bestellungen recherchieren. Dieser Möbelstoff war angeblich am 18.3. geliefert worden. Das kann aber nicht sein, denn das war der Tag der kompletten Schließung, da wurde schon nichts mehr angenommen. Nach zig Telefonaten mir dem Lieferanten kam heraus das das Paket wohl dem Paketdienst übergeben wurde aber dieser die Arbeite genauso niederlegen musste. Man wusste Wochenlang nicht wo das Paket geblieben ist. Weil der Kunde so oft bei uns nachgehakt hat, das er den Stoff unbedingt will, und auch schon lange bezahlt hatte habe ich versucht das die Firma den Stoff neu los schickt. Aber auch das funktionierte nicht, wieder wusste man nicht wo die Ware ist.

Letztendlich haben wir uns bei dem Kunden entschuldigt und ihm das Geld zurück gegeben. Zwei Tage später kommt ein Paket von diesem Lieferanten mit einer anderen Bestellung… aber es war unerwartet groß und schwer. Darin befand sich unter anderem der Stoff für den super geduldigen Kunden! Ich habe diesen angerufen und er kam gleich am nächsten Tag abholen. Er freute sich über seinen 4 Monate verschollenen Stoff und hat ihn jetzt mit verminderter Mehrwertsteuer neu bezahlt. Dieser Mann hätte das Recht gehabt sich zu beschweren und vom Kauf zurück zu treten, wollte das aber nicht.

Die Kunden reagieren sehr verschieden

Die Kunden reagieren sehr unterschiedlich darauf wenn etwas nicht da ist, die meisten sind verständnisvoll weil sie verstehen das dieses Problem überall auftreten kann. Letztendlich geht es uns doch sehr gut, wir haben keinen echten Mangel. Wenn nur hier und da mal eine Farbe fehlt ist das kein Drama.