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Meine erste Nachtschicht

Vergangene Nacht hatte ich meine erste Nachtschicht. Zuvor hatte ich noch nie eine Arbeit die es erfordert über die Datumsgrenze hinweg zu arbeiten.

Früher hatte ich zwar mal einen Nebenjob in einem Kiosk wo ich morgens um 4 begonnen habe und dann wenn die ersten Schüler und Pendler kamen um 7 Uhr hatte ich Feierabend. Das ist schon speziell wenn man arbeitet wenn alle anderen noch im Bett liegen und heim geht wenn andere zur Arbeit aufbrechen.

Fernzüge in der Nacht

In den Nachtstunden verkehren viel weniger Personenzüge, weil die meisten Fahrgäste lieber tagsüber reisen. Doch Nachts ist auf den deutschen Schienen reger Verkehr. Vor allem Güterzüge fahren Nacht viel mehr als am Tag.

Aber es gibt auch Personenzüge die mitten in der Nach verkehren und diese nennt der Volksmund “Nachtzüge”. Meistens sind dies EC-Züge die Europaweit verkehren. Diese sind bei Internationalen Fahrgästen sehr beliebt da man so preisgünstig weite Strecken zurücklegen kann. Wer quer durch Europa will egal ob als Urlauber, Rundreise oder Heimatbesucher wählt gerne einen Zug in der Nacht, da diese seltener halten und dadurch schneller ankommen.

Auch wenn die meisten Züge mit Schlaf oder Liegewagen gar nicht mehr von der deutschen Bahn betrieben werden “Begleiten” wir diese Züge.

Mit dieser Bezeichnung “Begleiten” ist hier gemeint das wir in den Zügen mitfahren, die Technik und Sicherheit überwachen und selbstverständlich auch die Fahrgäste kontrollieren. Das bedeutet für uns Zugbegleiter das wir in Deutschland unterwegs sind aber auf Ausländischen Zügen.

Internationale Züge

Heute Nacht war ich zuerst in einem Zug mit dem Endziel Prag unterwegs der aus Schweizerischen, Österreichischen und Tschechischen Wägen bestand. Letzteres ist etwas herausfordernd weil die Fahrzeuge sehr oft nur in Tschechisch beschriftet sind… bis jetzt weis ich nur das Klimaanlage in Tschechisch auch Klima heißt… alles andere kann ich schlicht überhaupt nicht lesen. Zum Glück sind alle wichtigen Dinge auch in Englisch oder mit Piktogrammen Beschriftet. Nur wenn dann bei einem Boardcomputer das Menu auf Tschechisch ist dann wird es schwierig.

Auf dem Rückweg von Frankfurt war ich in einem Zug aus Amsterdam in dem sehr viele Niederländische und Französische Fahrgäste unterwegs waren. Ich konnte also meine Sprachkenntnisse sehr gut gebrauchen!

Meine erste Nacht!

Dienstbeginn war kurz nach 20 Uhr. Als ich zur S-Bahn ging hatte es hier in Lörrach noch 33 Grad! Deshalb habe ich auf das Radfahren verzichtet. Denn wollte meine erste Nachtschicht so erholt wie möglich beginnen.

Nach dem Dienstantritt in der Einsatzstelle am Badischen Bahnhof ging es erst mal mit der S-Bahn zum SBB wo wir unseren Zug übernahmen. Da ich dann als dieser da war zu tun hatte ist dieses Foto mit irgendeinem anderen Zug entstanden.

Für die Nachtschicht habe ich diesmal lieber Hosen gewählt. Geschwitzt habe ich sowieso bei diesem schwülen Wetter. Auf dem Bild ist nicht so gut erkennbar, die Hose ist burgundy und die Weste ist dunkelblau. Dieser typische Zugbegleiterkoffer ist Pflicht und gehört zur ständigen Ausrüstung.

Mit einem Eurocity mit Schlaf-. Liege- und Sitzwagen ging es bis Frankfurt Hauptbahnhof. Wobei die Schlaf und Liegewagen eigenes Personal haben, die sich um die Belange der Fahrgäste kümmern. Unsere Aufgabe war es vor allem an jedem Bahnhof den Ein und Ausstieg zu überwachen und die Sicherheit beim Abfahren.

Woah das ist nachts echt speziell, denn je nach Standort kann man nicht gut erkennen ob eine Türe ganz zu und eine Trittstufe ganz eingefahren ist. Zumal das unterschiedliche Fahrzeuge mit sehr verschiedenen Türen sind. Nicht selten muss man deshalb am Bahnsteig dann nochmal den Standort wechseln um alles sehen zu können. Dies alles ist viel komplexer als bei einem modernen ICE.

Dieses Bild ist morgens um 3 entstanden, ich finde ich seh dafür ganz gut aus, oder?

Mittagspause?

Eine unfreiwillig lange Pause hatten wir nach 0:30 Uhr am Frankfurter Hauptbahnhof. Der Zug zurück hatte über 60 Minuten Verspätung und so war unsere Pause viel länger als geplant. Was tagsüber ganz angenehm sein kann ist Nachts zwischen 0 und 3 Uhr doch etwas herausfordernd. Zum Glück gibt es in Frankfurt einen großen und angenehmen Aufenthaltsbereich der klimatisiert ist. Hier gibt es für die Bahn Mitarbeiter gleich mehrere Räume mit unterschiedlichen Beleuchtungen in denen man sich zum quatschen treffen kann oder zum Ausruhen hinsetzen oder hinlegen kann.

Ich war sehr froh das wir am Hauptbahnhof waren und nicht wie letzte Woche am Südbahnhof:

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Ich hatte mich für den abgedunkelten Raum entschieden und hab die Füße hoch gelegt. Allerdings habe ich mich mit Essen, Trinken und Handy beschäftigt um nicht einzudösen. Und ich habe es mir nicht nehmen lassen einen der Massagesessel auszuprobieren von dem mir schon mehrere Kollegen erzählt hatten. Wow echt angenehm.

Von der Zeit im Ruheraum zählen 30 Minuten zur Pause, der Rest ist Arbeitszeit… ist ja nicht meine Schuld das der Zug später fährt. Während der Arbeitszeit Chillen, Handspielen und Massage … ich tue ja alles um meine Arbeitskraft aufrecht zu erhalten..

Höchstleistung mitten in der Nacht

Kurz nach 3 Uhr ging es in den Zug zurück dieser kam von Amsterdam und war schon gut besetzt als er an kam mit Fahrgästen aus Niederlanden, Belgien und Frankreich und hier stiegen nochmal sehr viel zu. Durch einen Brückenschaden verkehren nicht alle Züge über Bahnhof Flughafen und so kamen hier viele Fahrgäste die mit dem Flieger angekommen waren hier zu uns. “Fluggäste” haben meistens viel oder großes Gepäck und sind nicht selten “gejetlaggt”, also sehr müde oder verpeilt. So stellt dann manchmal die Bitte den Koffer aus dem Gang zu entfernten eine Überforderung dar.

Unser Zug war beim Start in Frankfurt knallvoll! Die Menschen Standen in den Übergängen, sprachen alle möglichen Sprachen, hatten manchmal Tickets die ich noch nie gesehen hatte und manch einer verhielt sich eigenartig.

Unsere Aufgabe war es nun in dieser Mischung aus Trubel und schlafenden Menschen die Fahrkarten zu kontrollieren. Doch man lernt sich schnell mitzuteilen, mit irgendeiner Sprache notfalls alles was man kann gemischt und mit Händen und Gesten. Die meisten wussten ja sofort was wir wollen.

Schwierig wird es dann wenn ein Fahrgast ein Handy her streckt dessen Menu in einer Asiatischen Schrift irgendwas anzeigt. Aber auch die Situation konnte ich meistern indem ich ihm mehrfach erklärte “I need a code to scan”. Diese vier Tickets dieser Koreanischen Familie mit Canadischen Tickets für halb Europa waren korrekt und gültig, aber bis wir diese gefunden haben!!!

Die nächsten zwei Stunden hatten wir volle Action mit allen möglichen Situationen. Ein Fahrgast, ein junger Mann hat mich etwas beunruhigt weil ich ihn sehr lange nicht wach bekommen habe. Ich war unsicher spielt er schlafen oder ist er bewusstlos? irgendwann kam er aber zu sich und fand dann sogar recht fix sein gültiges Ticket.

Keine Zeit zum Müde werden

Durch diesen Trubel verging die Zeit wie im Fluge so bissel zur Ruhe kam ich erst ab Offenburg. Bis dahin hatte ich mehrere Fahrpreisnacherhebungen geschrieben und einen Fahrgast von der Bundespolizei abholen lassen weil die Person weder Fahrkarte noch Papiere dabei hatte.

Der Zug hatte bis Basel einen Großteil seiner Verspätung wieder rein geholt, und es gab einen Fahrgast der sich genau darüber beschwert hat (Hallo?). Dadurch konnte ich meine Schicht fast planmäßig beenden. Um kurz nach 7 Uhr war ich zuhause und hatte erst mal Hunger! Doch nach dem Frühstücksmüsli habe ich mich für paar Stunden schlafen gelegt.

Für mich war diese Schicht noch ein “Erlebnis” aber ich habe mir sagen lassen das heute Nacht ziemlich normal war…

Gegen Mittag war ich wieder Mensch und hab einige Zeit auf dem Balkon verbracht mit ruhigen und erholsamen Dingen. Doch im gesamten denke ich das ich die Nacht sehr gut überstanden habe. Aber die Tatsache das alles noch neu und spannend ist macht es mir sicher leichter.

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