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Warum ich neu Anfangen will

Im Frühjahr 2023 reifte bei mir der Entschluss das ich beruflich doch noch mal etwas anderes machen will als immer nur Einzelhandel.

Ich war noch eine von den wenigen die seit ihrer Ausbildung im gleichen Betrieb geblieben ist. Früher war das normal doch in den letzten Jahren geht der Trend immer mehr dahin das sich die Arbeitnehmer im Laufe ihres Werdeganges von dem ursprünglichen Betrieb und sogar von dem Beruf verabschieden.

Bei mir Persönlich war es so das ich Grundsätzlich den Beruf der Verkäuferin zwar gerne gemacht habe, aber nach soo vielen Jahren immer das gleich irgendwie eine Abstumpfung kam. Irgendwie war ich durch meinen Alltag und den Verhaltensweisen meiner Kunden gelangweilt. Genau die Erfahrung die einem im Alltag ja eigentlich sehr hilft hat mich gleichzeitig gelangweilt und irgendwie gelähmt.

Alle Jahre wieder Weihnachtsgeschäft, Im Winter sind die Kunden soundso und im Sommer sind sie soundso. Kommendes Wochenende wird es schön warm da werden die Umsätze am Samstag eher nicht so gut. Viel zu oft konnte ich schon ahnen wie was werden würde.

Früher war alles besser

Mit den Jahren kam eine Art Resignation dazu, Früher war alles besser, alles wird irgendwie immer mieser und Neuerungen dienen nur noch dem Einsparen und bringen eigentlich keine Verbesserung.

Dies möchte ich eigentlich gar nicht der Firma in der ich tätig war ankreiden, denn das war auch überall sonst so. Der Beruf des/der Einhalhandelskaufmann/Einzelhandelskauffrau ist schon lange nicht mehr das was er früher mal war. Wurde uns damals eingebläut “Ihr seid die Front der Wirtschaft” und entscheiden mit unserem Fachwissen und Beratung darüber was sich gut verkauf oder nicht. So ist unsere Tätigkeit heute zu einer simplen Dienstleistung geworden.

Die Kunden sind heutzutage viel informierter. Sie beziehen ihr Wissen über das was sie kaufen möchten viel mehr aus den Medien wie früher. Dieses “Die Erna hat dort eingekauft und war mit der Beratung sehr zufrieden” lockt heutzutage kaum noch jemand.

Also der Beruf hat sich verändert und ich auch.

Beständigkeit oder Stillstand

Ich bin als Kind ohne Vater aufgewachsen. Meine Eltern wurden geschieden als ich sehr klein war und als Grund dafür gab meine Mutter stets “er war ein Tu-nicht-gut” an. Als Kind verstand ich das nicht. Als es dann in der Schule darum ging wie man eine Bewerbung und einen Lebenslauf schreibt musste ich mich mit der beruflichen Tätigkeit meines “Erzeugers” befassen. Meine Mutter sagte uns er sei mal gelernter KFZ-Mechaniker gewesen, habe aber in der Zeit in der sie verheiratet waren mindestens 5 verschiedene Arbeitgeber gehabt. Er habe alles mögliche mal probiert und wäre an nichts lange dran geblieben. Also ein “Tu-nicht-gut”.

Meine Mutter bläute mir also von Anfang an ein “Sei nicht wie dein Vater! Bleib an dem dran was Du machst!”. Ich erinnere mich noch an Telefonate die wir viele Jahre später mal Wochentags führten. Sehr oft fragte sie misstrauisch “Warum bist Du jetzt zuhause? Hast Du die Arbeit verloren?”. Die Angst das ich so unzuverlässig werden könnte wie ihr Ex-Mann saß bei Ihr extrem tief.

Diese Angst motivierte mich in einer Phase als ich eigentlich gerne mal was anderes gemacht hätte dort zu bleiben. Meine Schwester hatte die Chance genutzt mal 3 Monate in Frankreich zu arbeiten. Ein Auslandsaufenthalt wäre auch mein Traum gewesen. Aber meine Angst das ich danach nicht wieder einen festen Arbeitsplatz finden würde war zu groß.

Später kam ja dann noch meine eigne Wohnung und Auto dazu. Mit diesen festen Kosten im Hinterkopf wagt man so etwas nicht mehr.

Karriere machen?

Ich hatte eine längere Beziehung mit einem Mann der keine Kinder kriegen kann, wir waren sogar kurz mal verheiratet. Wobei die Heirat eigentlich ein Rettungsversuch war. Wir waren beide sehr gefrustet in unser beruflichen Situation und in unserer Beziehung und das Thema Online-Spielsucht spielte auch noch mit. Aber das möchte ich an dieser Stelle nicht tiefer behandeln.

Jedenfalls wurde mir in der Zeit klar das ich im Einzelhandel keine Karriere machen kann. Ich hatte im Grunde eine ganze Abteilung geleitet und Mitarbeiter geschult und geführt… aber offiziell war ich nie eine “Führungskraft”. Meine überdurchschnittliche und das Privatleben fast opfernde Leistung hat sich niemals in meiner Gehaltsabrechnung niedergeschlagen. Auch das bereitete mir massiven Frust!

Bleiben bis ich in Rente gehe?

Als vor ein paar Jahren gleich mehrere meiner direkten Kolleginnen nach und nach in Rente gingen kam immer wieder mal die Frage auf “wie lange musst Du noch”. Erst da durch wurde mir klar, jeder denkt das ich hier bleibe bis ich in die Rente gehe. Wenn ich mir aber die Lebensläufe der ausschneidenden Kolleginnen ansah, sie waren alle samt zwar schon lange im Unternehmen, hatten aber alle “Unterbrechungen” durch Kinder oder waren vorübergehend woanders. Nur ich war seit 35 Jahren im gleichen Haus tätig. Nach und nach wurde mir klar, ich will nicht für immer nur das eine machen.

Die Grosse weiter Welt?

Als Junge Erwachsene hatte ich von einem Auslandaufenthalt geträumt. Später liebäugelte ich mit einem Arbeitsplatz in einem Urlaubsland, Spanien, Italien oder so… oder wenigstens in einem Hotel im Skigebiet oder am Meer. Ich beneidete die Leute die in der Gastronomie oder im Hotel arbeiteten. Aber heute ist mir klar das das gar nicht so rosig ist und beispielsweise in einer Kneipe oder Restaurant auf die Dauer nix für mich wäre.

Als Einzelhandeslkauffrau kannst Du nicht mal eine Saison in St.Moriz arbeiten und dann ein Jahr auf Sylt. Sowas macht sich höchstens im Lebenslauf eines Kochs positiv. Bei mir spielte da stets die Angst vor dem “ich verliere einen sicheren Arbeitsplatz”.

aktuelles Selfie ungeschminkt im Sonnenschein (ich guck etwas geblendet)

Umdenken

Die Auswirkungen der Pandemie haben sehr viele Veränderungen bewirkt und viele von uns zum Umdenken gebracht. Zwar habe ich im Lockdown meine Kunden und die Kollegen sehr vermisst… aber ich habe auch eine andere Haltung zum “Verkaufen” erhalten. Mein Wert und der Wert meiner Leistung sind nicht alleine von Verkaufszahlen abhängig!

Spätestens jetzt die dritte Insolvenz meines ehemaligen Arbeitgebers haben dazu geführt das ich dem Konzept Warenhaus nicht mehr wirklich vertraue. Deshalb habe ich mir eine andere Branche gesucht sie es in 20 Jahren auch noch geben wird.

Warum ich auf den Beruf “Zugbegleiter im Fernverkehr” gekommen bin thematisiere ich in einem anderen Text.

mein Bewerbungsfoto