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Samstagsplausch am 5.5.2023

Der Mai ist gekommen aber ich bin weiterhin krank zuhause. Mein Bauch muss nach der Leistenbruch/Schenkelhernie Operation noch bis mindestens 22. Mai heilen. Ganz langsam wird es besser. Aber ich krieg schon fast den “Stubenkoller”.

Reisen wenn man krank ist?

Weil ich sehr unsicher war was ich nun wirklich darf oder nicht habe ich beim letzten Kontrolltermin für die OP-Wunden meine Hausärztin direkt gefragt was mir erlaubt ist. Da ich momentan noch die starken Schmerzmittel nehme sollte ich nicht selber Auto fahren, da meine Verkehrstüchtigkeit eingeschränkt sein könnte. Aber das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist erlaubt. Da man von Lörrach aus mit dem Zug immer über Basel fahren muss habe ich gefragt ob der kurzfristige Aufenthalt im Ausland ein Problem darstellt. Nein tut es nicht. Innerhalb der EU und der Schweiz gibt es keine medizinischen Bedenken.

Aber was ich absolut nicht darf ist Gepäck tragen!

Über das Wochenende nach Stuttgart

Das vergangene Wochenende mit dem Maifeiertag ab Montag wollte ich gerne dazu nutzen meine Schwester in Stuttgart zu besuchen. Aber ich durfte so gut wie nix mitnehmen, damit ich ja nicht zu schwer heben muss.

Meine Lösung war ein Einkaufrolli in dem ich nur meine Wechselunterwäsche und den Toilettenbeutel packen konnte. Meine Schwester trägt fast die gleiche Grösse wie ich und wir haben schon öfters Kleidungsstücke getauscht, also konnte ich Pyjama und Wechselkleidung von ihr bekommen…

Und plötzlich sind die Wege so weit und die Hürden so hoch!

Zugegeben ich habe mich wohl mit der Idee allein mit dem Zug nach Stuttgart zu fahren leicht übernommen… denn mein Rolli war zwar sehr leicht. Dennoch durfte ich ihn nicht hoch heben! Und genau das war das Problem!

Habe ich schon erwähnt das ich im 2. Stock wohne? Der beladene Rolli musste ja irgendwie die Treppe runter kommen… nach etwas experimentieren habe ich eine Technik entwickelt wie ich ihn die einzelnen Stufen herunter gleiten lasse ohne die Bauchmuskeln zu beanspruchen… ich habe dafür nur etwa 10 Minuten gebraucht!

Hinüber zum Bahnsteig der S-Bahn war nicht so das Problem, das sind nur etwa 50 Meter Luftlinie. Trotzdem musste ich dort erst mal die Bank nutzen um mich von der ersten Anstrengung auszuruhen.

Noch auf dem Bahnsteig in Lörrach sprach ich ein paar Passanten an ob sie auch in Basel Badischer Bahnhof umsteigen würden. Ich fand eine junge Frau die auf meine Frage “können Sie mir in Basel mit dem Rolli helfen” schon gleich antwortete das sie mir das Teil auch die Treppe herunter tragen würde.

Am Badischen Bahnhof in Basel sind die Bahnsteige nicht auf dem gleichen Niveau wie der Zug, man muss also das Gepäckstück immer kurz hochheben. Außerdem haben die Bahnsteige wo die S-Bahn verkehrt weder einen Lift noch eine Rampe.

Die Bahnsteige für den Fernverkehr haben eine Rampe und dort konnte ich den Rolli aus eigener Kraft hoch ziehen. Aber wie?! Im Schneckentempo, so das mit zwei Senioren mit großen Reisekoffern überholten. Aber ich kam irgendwann oben an, aber sehr erschöpft.

Rollstuhlfahrer auf dem Bahnsteig

Auf dem Bahnsteig fiel mir ein Rollstuhlfahrer auf, wie macht der das? Neben ihm ein Bahnmitarbeiter mit einer Hebebühne. Zielstrebig ging ich auf diesen zu und fragte ob er mir auch mit dem Rolli helfen könne. Super freundlich bejahte er. Nachdem er den Mann im Rollstuhl in den Zug gehoben hatte schob er das Gerät zur Seite und Griff nach meinem Rolli. “Oh ist der leer?”… ja fast. Die Hürde Basel war also auch geschafft.

Im ICE suchte ich mir einen Platz wo ich zwei Sitzplätze nutzen konnte um die meiste Zeit in einer halb liegenden Stellung zu fahren.

Umsteigen in Karlsruhe

Das war gar kein Problem, denn dort stimmt die Bahnsteighöhe und es gibt überall Rolltreppen.

Weite Wege am Stuttgarter Hautbahnhof

Am Stuttgarter Hauptbahnhof ist seit Jahren eine riesige Großbaustelle. Weil direkt unter dem alten Kopfbahnhof ein unterirdischer Durchgangsbahnhof gebaut wird werden die Fußgänger um die Baustelle herum geleitet. Stuttgart 21 heißt dieses Mamutprojekt das ursprünglich mal 2021 fertig sein sollte… doch aufgrund zahlreicher Probleme verzögert sich alles noch um Jahre.

Im November 2021 habe ich Stuttgart 21 einen ganzen Blogpost gewidmet. Und heute Eineinhalb Jahre später ist die Situation für Fußgänger nicht viel besser…

Mobilitätshilfe für Fussgänger am Stuttgarter Hauptbahnhof

Doch die Situation ist besser geworden. Die Holzbrücken sind jetzt fest betonierte “Fußgängertrassen” die durchgehend Barrierefrei sind. Allerdings geht es auch mal etwas Bergauf und Bergab und es ist nach wie vor sehr weit, weil man um das Baugebiet herum geleitet wird.

Wollen Sie mit fahren?

Auf der Rückreise als ich von der Stadtbahn auf den ICE umsteigen wollte kam mir dieses rote Fahrzeug entgegen. Der Freundliche Fahrer sah mir wohl an das ich nicht gut zu Fuß bin und fragte mich “Wollen Sie mit fahren?”. Ich freute mich sehr das er mich ansprach, denn ich hätte mich sonst nicht getraut zu fragen, ich dachte diesen Service dürfen nur angemeldete Gehbehinderte mit Ausweis nutzen. Nö, wer will darf einsteigen und bis zum Anderen Ende der Umleitung mitfahren.

Auch die Tatsache das ich mein Gepäck nicht selber aufladen konnte stellte kein Problem dar. Der Freundliche Fahrer half mir nicht nur mit dem Gepäck, er schlug sogar vor das Foto oben zu machen. Er erzählte sogar “Gestern war hier ein Youtuber, der hat die fahrt gefilmt.”

gute Laune in der “Mobilitätshilfe”

Der Fahrer hat dem Foto ausdrücklich zugestimmt, er guckt nur nicht weil wir gerade fahren.

Hilfsbereitschaft

Die Fahrt mit dem Golfcaddy hat mir echt geholfen, und ich war sehr dankbar für diesen Service. So war ich frühzeitig am Bahnsteig und ich konnte mich nochmal kurz auf eine Bank setzen. Dabei beobachtete ich das Treiben auf dem Belebten Bahnsteig. Eine Bahnmitarbeiterin sammelte Fahrgäste zusammen die Richtung Berlin wollten. Die Durchsage das der Zug nach Berlin wegen einer Störung auf Gleis 5 fährt dudelte bestimmt schon das zehnte mal. Doch es gab immer noch Wartende die erst auf ihre Frage “Wollen Sie nach Berlin? kommen sie mit auf Gleis 5” reagierten. Bestimmt 30-40 Personen folgten ihr. Als sie weg waren sah ich zwei Frauen die sich in Gebärdensprache unterhielten und etwas verwirrt wirkten. Die beiden waren wohl gehörlos und verstanden nicht was los ist. Ich nahm mein Handy und tippte “Berlin Gleis 5” ein. Humpelte rüber zu den beiden und hielt ihnen das Display hin. Sie bedankten sich und rannten los zu dem anderen Gleis.

So konnte ich trotz meiner eignen “Behinderung” anderen Fahrgästen helfen.

Beim Ein und Umsteigen hatte ich jedes mal nette Leute die mir geholfen haben. Niemand stellte sich an oder weigerte sich. Wobei ich stets darauf geachtet habe niemanden der selber sehr viel Gepäck hat an zu sprechen.

Ich finde es toll das man überall Menschen findet die hilfbereit sind! Denn ohne die Hilfe von Wildfremden hätte ich die Reise gar nicht bewältigen können.

Auf diesem Bild siehst Du eines dieser Hindernisse die man oft gar nicht beachtet wenn man gesund ist und alles funktioniert. Ein Rollstuhl hat hier keine Chance aber schon ein Rollator oder ein rollendes Gepäckstück das ich selber nicht heben konnte sind an so einem Einstieg auf die Hilfe anderer angewiesen.

Das Bild ist in einem EC aufgenommen. Diese Züge sind oft mit älterem Wagenmaterial unterwegs und deshalb nicht Barrierefrei. Übrigens ob ein Zug Barrierefrei ist oder nicht, und ob und wo es Mobilitätshilfen gibt kann man Hier erfahren:

Fazit:

Der Ausflug nach Stuttgart war in meinem Zustand schon etwas anstrengend. Aber ich bin dankbar um diese Erfahrung. So hab ich es selber mal erlebt wie es ist wenn man nicht ganz so kann.

Vielen Dank für Deinen Besuch auf unterwegsistdasziel.blog. Dieser Artikel wird bei Karminrot im Samstagsplausch verlinkt.